Biografie

Edwin Ortmann ist der Sohn eines Juristen, seine Mutter war Doktor der Volkswirtschaft. Er wuchs in München auf, wo er das Gymnasium und eine Sprachenschule absolvierte. Er hielt sich studienhalber in England, Frankreich und Spanien auf. Er arbeitete als Mini-Car-Fahrer, Hilfsarbeiter, Impresario usw., um sein Studium und später sein Schreiben zu finanzieren. Nachdem er als Übersetzer für die Sorbonne tätig war, ließ er sich 1965 als freier Übersetzer und Journalist in München nieder. Er trat u. a. mit Essays zum lateinamerikanischen Diktatorenroman, zum kubanischen Autor Reinaldo Arenas und zur aussterbenden Zunft der Leuchtturmwärter hervor. Ab Beginn der Achtzigerjahre veröffentlichte Ortmann auch literarische Werke. 1980 nahm er am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil. Er lebt heute in München.

Ortmanns Beobachtungen sind das Material, Grundlage für Episoden, Erzählungen, Hörspiele, mal dokumentarisch, mal überbordend phantasievoll. Die Episoden, die Edwin Ortmann aus dem Konvolut von derzeit 18.000 Seiten herausgefischt hat, notiert seit 1980, fügen sich zu einem Kaleidoskop: „Du siehst dahinter die Welt, aber immer ist es eine andere".Szenen und Monologe werden musikalisch durchkreuzt und mit einem Autorenspaziergangsgespräch montiert" (Uli Brinkmann, DLR).

Edwin Ortmann gehörte dem Verband deutscher Schriftsteller und dem Verband Deutschsprachiger Übersetzer Literarischer und Wissenschaftlicher Werke an. Ab 1981 war er Vorstandsmitglied des Förderkreises Deutscher Schriftsteller in Bayern und Vorstandsmitglied im VS Bayern. 1981 erhielt er ein Stipendium des Deutschen Literaturfonds; 1993 war er Stadtschreiber von Semur-en-Auxois. Da er in dieser Zeit schreibend nichts Rechtes zuwege gebracht hatte, nahm er Abschied von Stipendien und Stadtschreibereien. Nun widmete sich Ortmann vor allem dem Medium Hörspiel. Er schrieb an die zwanzig Hörspiele. Zuletzt entstanden: „Die Clowns, die Liebe, der Tod“ (SWR 2000); „Soledades - ein Leuchtturmkonzert“ (DLR/NDR 2001); „Die ersehnte Umarmung - Lorca, Dalí, Buñuel“ (NDR/DLR 2001); „Der letzte Leuchtturmwärter“ (SWR/DLR 2003).

In der Folgezeit kehrte Ortmann dem Literaturbetrieb den Rücken: Eine Zäsur. Er reiste viel, bereiste oder wohnte in Griechenland, und mit seiner Lebensgefährtin Dvora Ralston zusammen bereiste oder wohnte er durch zwanzig Jahre hindurch in Spanien, Mexico, Thailand. In all diesen Jahren arbeitete er an seinen ATB’s, seinen Arbeitstagebüchern. Darin enthalten Geschichten vom Morbus Mensch, vom Unglück und von der Liebe, von Ungleichen Paaren und Ehekämpfen, vom Schreiben (Schreiben am Morgen, Schreiben und Gehen, Schreiben und Frauen), von der Erkenntnis, vom Erinnern und Vergessen, von der Armut und vom Altern, von Zirkus und Akrobatik usw. Insgesamt mittlerweile 18.000 Seiten in den Laptop transkribiert, es werden etwa 30.000 Seiten. Kurzum: Ein Welttheater. Und „Kleines Welttheater“ soll der Titel der ersten Folge der Verarbeitung dieses ansehnlichen Konvoluts sein, die der DLR und ich im kommenden Winter in Angriff nehmen werden. Außerdem ist in dieser Zeit, ebenfalls aus diesem Projekt heraus, der Erzählband „Liebe und Pornografie“ entstanden, das Projekt „Die Stimmen von Formentera - eine Insel erzählt“ ist in Arbeit.

Veröffentlichungen

Romane und Erzählungen

Phönix, Klett Cotta, Stuttgart 1981 ISBN 3-421-06053-3
Die Wunde kehrt ins Messer zurück, Klett Cotta, Stuttgart 1984 ISBN 3-608-95276-4
Ein Wahnwitz von Liebe, Klett Cotta, Stuttgart 1988 ISBN 3-608-95421-X
Nie wieder Mozart!, Stuttgart 1992 ISBN 3-608-95848-7
Sowie in Anthologien

Hörspiele (unter anderem)

Die rundeste Geschichte von der Welt (NDR / WDR, 1984, Hörspiel des Monats)
Alaska: Land unter der Haut (NDR / HR, 1985)
Klaus Störtebeker oder Nur der Lügner gelangt in den Besitzt der Wahrheit (NDR / SDR, 1986)
Aus dem Augenleidenbuch (NDR / SDR, 1987)
Der Idiot der Liebe (RB, 1987)
Essen oder gegessen werden - zwei Frauen, ganz in Weiß (NDR, 1989)
Das Ohr auf dem Tisch (Vincent van Gogh, August Strindberg, Paul Gauguin) (SDR, NDR, BR, 1990)
Nie wieder Mozart (über den abseitigen Mozart) (NDR / SDR, 1991)
Die Vakuumjäger (SWF / MDR, 1992)
Freiheit ist keine Wahl haben (SWF, 1993)
Letzte Liebe oder die Spiegelfalle (Komödie über die Tragödie Guy de Maupassant) (MDR / SDR / NDR, 1994)
Das Reifen zum Biedermann (über das Syndrom "Deutsch" anhand von August Lingner, Erfinder des Odol - Turnvater Jahn, Erfinder der deutschen Turnkunst - Hans Groß, Erfinder der Kriminalistik) (NDR / SDR / DLR, 1998)
Die Clowns, die Liebe, der Tod (SWR, 2000)
Soledades - ein Leuchtturmkonzert (DLR / NDR, 2001)
Die ersehnte Umarmung - Lorca Dalí Bunuel (NDR / DLR, 2001)
Der letzte Leuchtturmwärter (Feature über den Farero und Komponisten Javier de Arevalo) (SWR / DLR 2003)

Übersetzungen (unter anderem)

Alphonse Boudard: Helden auf gut Glück, Frankfurt am Main 1984
Hans Jürgen Eysenck: Der durchsichtige Mensch, München 1983
Mark Jury: Gramp, Frankfurt am Main [u.a.] 1983
Bruno Bettelheim: Erziehung zum Überleben, Stuttgart 1980 (übersetzt zusammen mit Rudolf Hermstein und Brigitte Weitbrecht)
Lawrence Durrell: Griechische Inseln, Reinbek bei Hamburg 1978
Bruno Bettelheim: Die Geburt des Selbst, Frankfurt am Main 1977
Régis Debray: Der Einzelgänger, Darmstadt 1976
Gail Sheehy: In der Mitte des Lebens, München 1976
Julien Bigras: Gute Mutter - böse Mutter, München 1975
Frederick H. Kanfer: Lerntheoretische Grundlagen der Verhaltenstherapie, München 1975
Harold Frederick Searles: Der psycho-analytische Beitrag zur Schizophrenieforschung, München 1974
Burrhus F. Skinner: Jenseits von Freiheit und Würde, Reinbek bei Hamburg 1973
Ed Sanders: The family - Die Geschichte von Charles Manson, Reinbek bei Hamburg 1972
David Cooper: Der Tod der Familie, Reinbek bei Hamburg 1972
Jane Jacobs: Stadt im Untergang, Frankfurt (Main) 1970
Claude Julien: Das amerikanische Imperium, Berlin [u.a.] 1969
David C. Douglas: Wilhelm der Eroberer, Stuttgart 1966